ln der Stahlindustrie werden Durchlauföfen zur Erwärmung und Wärmebehandlung von Brammen eingesetzt, ehe diese in nachfolgenden Prozessen, etwa dem Walzen, umgeformt werden. Während der Erwärmung werden die aneinandergereihten Brammen kontinuierlich durch den gas-oder ölbefeuerten Ofenraum befördert. Der Erwärmprozess verbraucht hohe Mengen an Energie, ist kostenintensiv und hat direkte Auswirkungen auf die Produktqualität Durchlauföfen für Brammen sind hochdimensionale, nichtlineare Systeme mit vielfältigen dynamischen Interdependenzen und nur wenigen Stelleingriffen. Mit dem Betrieb und der Regelung dieser Ofen sind daher anspruchsvolle regelungstechnische Aufgaben verbunden. Sie werden erschwert durch das Fehlen von Messwerten der Brammentemperaturen, eine geringe Anzahl verfügbarer Messungen, Beschränkungen der Stell- und Prozessgrößen, einer zunehmenden Produktvielfalt, steigende Anforderungen hinsichtlich Produktqualität und Durchsatz, eine notwendige Synchronisierung mit anderen diskontinuierlichen Prozessschritten und die Anforderungen des Echtzeitbetriebes. Obwohl bereits in der Vergangenheit Regelungssysteme für Brammendurchlauföfen vorgeschlagen wurden, rechtfertigten die Komplexität und der Umfang der Regelungsaufgabe den mit der Entwicklung neuer, individueller Lösungen verbundenen Aufwand . Basierend auf gängiger Regelungstheorie zielt die vorliegende Arbeit daher auf die Entwicklung von anwendungsbezogenen Regelungs- und Optimierungsmethoden für eine schwierige, umfangreiche und zugleich reale Problemstellung ab.
Es wird eine kaskadierte Regelungsstruktur mit einem modellbasierten Mehrgrößenregler für die Ofentemperaturen und unterlagerten Eingrößenreglern für die Brennstoffzufuhr zu den Brennern vorgelegt. Das zugrundeliegende mathematische Modell bestimmt mittels der Galerkin Methode die eindimensionale transiente Temperaturverteilung in den Brammen. Die Wärmestrahlung im Ofenraum koppelt die dynamischen Subsysteme der Brammen. Werden die Wärmeflüsse auf die Klasse der stückweise linearen Signale beschränkt, ergibt sich ein einfaches zeitdiskretes Zustandsraummodell. Aufgrund der Brammenbewegung handelt es sich um ein geschaltetes System, dessen Dimension zeitlich variieren kann. Das Modell wird anhand von Messdaten einer instrumentierten Testbramme validiert. Die Temperaturen des in Zonen eingeteilten Ofenraumes dienen als Modelleingänge und bilden damit die Schnittstellen zwischen dem Ofentemperaturregler und den unterlagerten Regelkreisen. Die Ofenführung kann als Steuerung, als Zwei-Freiheitsgrad-Regelung mit einem Lyapunov-basierten Regler oder als modellprädiktiver Regler (Regelung auf einem sich bewegenden Horizont) realisiert werden. Es werden Bedingungen abgeleitet, die die exponentielle Stabilität des gesteuerten und des mit einer Zwei-Freiheitsgrad-Struktur geregelten Systems sichern.