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49,80 €
ISBN 978-3-8440-5635-8
Paperback
262 Seiten
85 Abbildungen
389 g
21 x 14,8 cm
Deutsch
Dissertation
Dezember 2017
Jan Grymlas
Systemautomatisierung für den multifunktionalen Betrieb von Brennstoffzellen in Verkehrsflugzeugen
Der wachsende Luftverkehr und die steigenden Umweltauflagen führen dazu, dass die zivile Luftfahrt die Umweltverträglichkeit erhöhen muss, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein vielversprechender Ansatz, um diesem Ziel näher zu kommen, stellt die Integration der Brennstoffzellen-Technologie in ein Verkehrsflugzeug dar. Brennstoffzellen können elektrische Energie effizient, schadstofffrei und nahezu geräuschlos bereitstellen. Diese Eigenschaften ermöglichen einen emissionsfreien und geräuscharmen Bodenbetrieb sowie eine Reduzierung der umweltschädlichen Abgase während des Fluges. Darüber hinaus kann eine mit Umgebungsluft betriebene PEM-Brennstoffzelle sauerstoffreduzierte Abluft bereitstellen, die für die Inertisierung der Treibstofftanks oder für die Brandbekämpfung in den Frachträumen geeignet ist. Die Systemarchitektur eines solchen multifunktionalen Brennstoffzellensystems wird in dieser Arbeit als Grundlage verwendet.

Welche der genannten Funktionen in welchen Flugphasen verfügbar sein sollen, wird durch die Definition einer multifunktionalen Betriebsstrategie festgelegt. Damit das Brennstoffzellensystem in den erforderlichen Zuständen betrieben werden kann, besteht ein wesentliches Ziel dieser Arbeit darin, ein Automatisierungssystem für die Regelung, Steuerung und Überwachung des multifunktionalen Brennstoffzellensystems zu entwickeln. Der Aufbau des Automatisierungssystems basiert auf einem hierarchischen Konzept, das auf der untersten Ebene eine direkte Verbindung mit den Sensoren und Aktoren vorsieht und auf der obersten Ebene über Schnittstellen zu den Cockpit-Systemen verfügt.

Damit das Verhalten des Automatisierungssystems in einem geschlossenen Kreis mit dem physikalischen System simuliert und analysiert werden kann, ist ein Modell des multifunktionalen Brennstoffzellensystems erforderlich. Für die Modellbildung wird ein spezieller Modellierungsansatz verwendet, der auf der systematischen Unterteilung des Systemverhaltens in grundlegende physikalische Effekte basiert. Als generalisierte Modellierungselemente werden in dieser Arbeit der kapazitive und induktive Energiespeicher, der resistive Energietransport, Energiequellen und Energiesenken sowie die Energiewandlung und Energieübersetzung definiert. Der Aufbau der erforderlichen Komponentenmodelle erfolgt auf Basis dieser generalisierten Elemente und den domänenspezifischen physikalischen Zusammenhängen.

Die erforderlichen Steuerungs- und Überwachungsmodule werden als ereignisdiskrete Automaten auf Basis des Statechart- Formalismus entworfen. Für die Verifikation der entwickelten Automaten wird die Modellprüfung (engl.: Model Checking) eingesetzt. Das Ziel bei dieser Art der Verifikation besteht darin, Eigenschaften der formalen Korrektheit nachzuweisen, wie zum Beispiel die Erreichbarkeit aller Zustände und die Abwesenheit von Verklemmungen (engl.: Deadlocks). Im Rahmen dieser Arbeit werden diese Eigenschaften als temporal-logische Formeln definiert und für alle entwickelten Automaten überprüft.

Damit das multifunktionale Brennstoffzellensystem während einer Flugmission bei variierenden Randbedingungen betrieben werden kann, ist die aktive Regelung von Stoffströmen und Zustandsgrößen erforderlich. Aufgrund der zugrunde liegenden Regelungsaufgabe und den Güteforderungen wird ein Mehrgrößenregler verwendet, der auf einer optimalen Ausgangsrückführung basiert. Nach dem Entwurf und der Parametrisierung der Regelung folgt die Validierung der Anforderungen durch die Simulation des geschlossenen Regelkreises unter Berücksichtigung der variierenden Randbedingungen.

Nach der separaten Verifikation der entwickelten Automaten und der Validierung der implementierten Regelungen besteht ein wesentliches Ziel dieser Arbeit darin, alle Automatisierungsmodule zu verschalten und in einem geschlossenen Kreis mit einem physikalischen Gesamtsystemmodell zu analysieren. Dieser ganzheitliche Ansatz ermöglicht die Validierung von Systemfunktionen, die erst durch die Kopplung mehrerer Automatisierungsmodule und Teilsysteme entstehen. Um das integrierte Gesamtsystem testen zu können, wird ein szenariobasierter Ansatz entwickelt und angewendet. Die Grundlage für diesen Ansatz wird durch ein Flugmissions-Statechart gebildet, das den benutzerdefinierten Testraum in kompakter Form darstellt. Ein solches Statechart kann sequentiell verbundene Phasen einer Flugmission und parallele Ereignisse, wie zum Beispiel einen Brand in einem Frachtraum, enthalten. Die Verwendung von speziellen Such- und Kombinationsalgorithmen ermöglicht die automatisierte Ableitung und Erzeugung einer vollständigen Menge von Testszenarien. Dabei enthält jedes erzeugte Testszenario eine komplexe Abfolge von mehreren Signalen, die das Verhalten des virtuellen Systems möglichst realistisch stimulieren sollen. Für die Simulation der Testszenarien wird ein parallelisierter Ansatz entwickelt und auf einem Computercluster umgesetzt. Die Analyse und Auswertung des resultierenden Systemverhaltens erfolgt durch Bewertungs-Agenten, die während den Simulationsdurchläufen alle relevanten Daten sammeln und diese hinsichtlich der funktionalen Anforderungen analysieren.

Der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte virtuelle Integrations- und szenariobasierte Testansatz wird als Software-Werkzeug implementiert und am Beispiel eines multifunktionalen Brennstoffzellensystems demonstriert. Für das manuelle Nachfliegen von kritischen Testszenarien wird zusätzlich ein virtueller Demonstrator verwendet, der die entwickelten Modelle enthält und über ein Cockpit-Mockup bedient werden kann.
Schlagwörter: Automatisierung; Regelung; Modellierung; Brennstoffzelle; multifunktional; virtuelle Integration; szenariobasiertes Testen; Flugzeug
Schriftenreihe Flugzeug-Systemtechnik
Herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. F. Thielecke, Hamburg
Band 2017,3
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