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Michél Bender
Zum Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen mit Kreisquerschnitt
Stahlbetonbauteile mit Kreisquerschnitt - wie Stützen, Pfeiler oder Pfähle - unterliegen teils hohen Querkraftbeanspruchungen. Jedoch ist ihr Querkrafttragverhalten bislang kaum untersucht, sodass nationale wie internationale Normen deren Querkraftbemessung nicht unmittelbar einschließen. In der Bemessungspraxis wendet man meist bekannte Prinzipien für rechteckige Träger an und vernachlässigt dabei die wichtigen Einflüsse der Querschnittsform, der ringförmigen Querkraftbewehrung (Bügel oder Wendeln) und einer in der Regel rotationssymmetrisch angeordneten Längsbewehrung.
In dieser Arbeit werden auf Basis grundlegender theoretischer und experimenteller Untersuchungen Modelle zur Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetonbauteilen mit Kreisquerschnitt entwickelt, experimentell und numerisch verifiziert und für die Ableitung praxisorientierter Bemessungsansätze genutzt.
Dabei werden die Tragkomponenten von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung für den ungerissenen und gerissenen Kreisquerschnitt aus den Schubspannungen in der Druck- und Bruchprozesszone hergeleitet und hierauf aufbauend rechnerische Querkraftwiderstände formuliert. Dem mechanischen Modell wird ein empirisches Modell gegenübergestellt, welches basierend auf Regressionsanalysen bestehender Versuchsdaten Einflüsse bekannter Geometrie- und Materialparameter quantifiziert. Sprengwerk- und Bogenmodelle bilden die traglaststeigernde Wirkung drückender Normalkräfte ab.
Für Bauteile mit Querkraftbewehrung wird der Anwendungsbereich klassischer Fachwerkmodelle auf ringförmige Einzelbügel und Wendelbewehrungen erweitert. Hierfür wird der Kraftfluss im geneigten Druckfeld aus Differenzen im Biegespannungszustand abgeleitet. Dieser stützt sich überwiegend radial auf die ringförmigen Bügel ab und aktiviert Umlenkkräfte, sodass Bügel wie Ringe unter Innendruck ("Kesseldruck") wirken und nahezu gleichmäßig Zugkräfte erfahren. Aus der Interaktion von Bügelkräften und Beanspruchungen des Betonkerns werden Tragfähigkeiten von Zug- und Druckstreben hergeleitet. Ergebnis ist ein Wirksamkeitsfaktor, welcher Tragfähigkeitsminderungen gegenüber den Verhältnissen bei Rechteckquerschnitten Rechnung trägt.
Zur Modellverifikation werden sowohl bestehende Versuchsdaten genutzt, als auch umfassende eigene experimentelle Untersuchungen durchgeführt. In 13 Bauteilversuchen werden Einzelparameter systematisch variiert und deren Einflüsse auf Last-Verformungs-Verhalten, Entwicklungen von Bügel- und Längsstabspannungen sowie Oberflächenrissbilder untersucht. Die Versuche bestätigen die analytisch aus dem Kraftfluss entwickelten Tragmechanismen von Bügeln und Betonkörpern und zeigen die Güte der Tragfähigkeitsabschätzungen der entwickelten Modelle. Hierbei erweist sich ein Summenansatz aus additiven Beton-, Bügel- und Bogentraganteilen dem Rissreibungsansatz nach DIN 1045-1 als deutlich überlegen.
Die Ergebnisse der Arbeit münden in einer praxisorientierten Empfehlung zur Querkraftbemessung von Stahlbetonbauteilen mit Kreisquerschnitt. Diese beinhaltet eine ausführliche Darstellung der Nachweisführung, Hinweise zur Konstruktion sowie Bemessungshilfen, welche die praktische Anwendung des Modells erleichtern.
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